Riesige Neubauten in der Stadtrandsiedlung

Nauen wächst und mit dem neuen Flächennutzungsplan (FNP) für die Kernstadt werden weitere gewaltige Bauvorhaben ermöglicht. Für das Plangebiet "Bahnhofsquartier Am Schlangenhorst" hat ein Investor nun seine konkreten Pläne eingereicht. Über deren Offenlage sollen die Stadtverordneten am 01.03.2022 entscheiden.

Geplant sind bis zu fünf Etagen mit insgesamt 56.000m² Geschossflächen, was über 500 neue Wohnungen und ca. 1000 zusätzliche Einwohner für die Stadtrandsiedlung bedeutet. Der Charakter der Stadtrandsiedlung wird durch diesen Planentwurf völlig umgekrempelt. Die Anwohner im Quartier übergangen.

Noch in der aktuellen Endfassung des FNP heißt es zu diesem Quartier: „Ein privater Vorhabenträger beabsichtigt, hier ein durchmischtes städtisches Quartier mit städtebaulichen Qualitäten zu entwickeln.“ Nach Schätzung des Bürgermeisters zum Zeitpunkt der ersten Offenlage sollten in diesem damals 10,4 Hektar großen Quartier lediglich 20 Einfamilienhäuser und 150 Geschosswohnungen entstehen. Darüber hinaus waren eine Kita und ein größerer Spielplatz geplant. Großzügige Grünstreifen und sogar ein Gewässer wurden in die Pläne gemalt. Eine „Ideenwerkstatt“ sollte die Qualität und Akzeptanz des Vorhabens weiter steigern.

Von all dem ist heute keine Rede mehr. Der Bebauungsplan wurde auf 4,6 ha verkleinert, Kita, Spielplatz und Grünflächen sind verschwunden. Sogar auf der aktuellen Karte zum FNP-Entwurf findet sich plötzlich keine Kita mehr im nördlichen Bahnhofsbereich. Die Ideenwerkstatt hat nie stattgefunden. Stattdessen ist der Bebauungsplan vollständig mit dem Rot für neue Bauflächen eingefärbt, um maximales Bauvolumen zu erreichen. Die Geschossangaben in der Karte wurden bewusst niedrig gehalten und im Kleingedruckten der textlichen Festsetzungen findet sich dann unter Festsetzung Nr. 16 der Hinweis, dass fast überall ein weiteres Geschoss zulässig ist. Auf der Hälfte der Fläche soll jetzt die dreifache Menge an Wohnraum entstehen!

Im Bauausschuss wurde uns ein reines Schlafghetto für Pendler mit überwiegend zwei und drei Zimmern präsentiert. Natürlich ist es richtig, den mit dem Wachstum verbundenen Flächenverbrauch nicht ausufern zu lassen und in Zukunft höher und dichter zu bauen. Aber dann müssen die Quartiere sorgfältiger geplant werden und tatsächlich eine höhere städtebauliche Qualität entfalten, von deren Mehrwert auch die angestammte Bevölkerung in der Nachbarschaft profitiert. Und vor allem müssen die Anwohnerinnen und Anwohner auf diesem Weg mitgenommen werden.

Die Fraktion SPD/LINKE/GRÜNE/Bunte Liste hatte beantragt, die 2019 begonnene Bürgerbeteiligung fortzuführen. Leider wurde dieser Antrag mit den Stimmen von LWN+B, AfD und CDU abgelehnt. Im aktuellen Haushalt 2022 sind keine Gelder für eine echte Bürgerbeteiligung mehr vorgesehen. Diskussionen unterbinden und mit der rechten Mehrheit Fakten schaffen, so lautet die Strategie des Bürgermeisters zum Umgang mit dem größten Wachstum in der Geschichte von Nauen.

Die Fraktion SPD/LINKE/GRÜNE/Bunte Liste lehnt den vorgelegten Entwurf zum Bebauungsplan "Bahnhofsquartier Am Schlangenhorst" entschieden ab. Wir fordern den Bürgermeister auf, alle weiteren Planungsschritte auf Eis zu legen. Wir sollten erst dann im Verfahren voran schreiten, wenn die versprochene Ideenwerkstatt gemeinsam mit den betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern einen Grundkonsens hinsichtlich Größe und Ausrichtung des Projektes hervorgebracht hat. Aus Sicht unserer Fraktion müssen in dieser Diskussion folgende Punkte besondere Beachtung finden: 1. Schaffung eines Kita-Standortes im Bahnhofsquartier, 2. Schaffung von ausreichend Freizeit- und Naherholungsflächen, 3. Gewerbeeinheiten, z.B. für Physiotherapie, Arzt, Kiosk, Büro, Gastronomie etc.

Darüber hinaus erwarten wir, dass der Vorhabenträger sich im städtebaulichen Vertrag verpflichtet, mindestens 10% der Wohnungen zu sozial vergünstigten Konditionen an den Markt zu bringen, um zumindest etwas soziale Durchmischung zu erreichen. „Sozial vergünstigt“ heißt für uns 7€ Kaltmiete pro Quadratmeter bezogen auf das Basisjahr 2019.

Unter diesen Voraussetzungen sind wir bereit gemeinsam mit der Verwaltung bei den Bürgerinnen und Bürgern auch für ein größeres Vorhaben zu werben.

Raimond Heydt