Planentwurf „Bahnhofsquartier Am Schlangenhorst“ zurückgezogen


Nach erfolgreichen Gesprächen zwischen der Fraktion WIR FÜR NAUEN und den Investoren wird der kritisierte Planentwurf zurückgezogen und grundlegend überarbeitet. Eine Grundsatzeinigung wurde über die Errichtung einer Kita und mehr Grün- und Freizeitflächen erzielt. Eine Beteiligung der Anwohner in der Stadtrandsiedlung zur weiteren Ausgestaltung des Quartiers soll noch in der ersten Jahreshälfte 2022 nachgeholt werden.

Unsere Fraktion hatte zuletzt erhebliche Kritik [*] an dem Vorhaben in den politischen Gremien und in der Öffentlichkeit vorgetragen. Nachdem die Verwaltung noch im letzten Bauausschuss unseren Standpunkt mit Verweis auf die Mehrheitsverhältnisse als unbeachtlich abtun wollte, ist es uns in der Stadtverordnetenversammlung gelungen, eine Mehrheit für die Absetzung des Tagesordnungspunktes „Bahnhofsquartier Am Schlangenhorst“ zu erreichen. Im Anschluss an diese Sitzung haben sich die Vorhabenträger an unsere Fraktion gewandt und das Gespräch gesucht.

Das Projekt hat ein Volumen von 200-300 Millionen Euro. Es ist uns absolut unverständlich, dass der Bürgermeister bei solchen Großprojekten keinerlei Ambitionen entfaltet, etwas für die Stadt und ihre Bewohner heraus zu handeln. Selbstverständlich gibt es bei solch "goldenen" Plänen immer eine hohe Bereitschaft, auf begründete Wünsche und Bedürfnisse einzugehen.

Der Fraktion WIR FÜR NAUEN ist es aber zunächst erst einmal wichtig sicher zu stellen, dass die Anwohnerinnen und Anwohner in der Stadtrandsiedlung eine Möglichkeit zur Mitsprache bei dem jetzt zu überarbeitenden Planentwurf bekommen. Ein derart großes Projekt braucht Akzeptanz im Quartier. Im Idealfall profitieren alle Anlieger auf die eine oder andere Art und Weise von einer solchen Entwicklung.

Das ursprüngliche Konzept basierte auf einem städtebaulichen Wettbewerb, welcher mehr als die doppelte Fläche umfasste und als Gesamtkonzept überzeugt hatte. Der Teil, welcher jetzt konkret in Rede steht, besteht aber nur aus einer reinen Wohnbebauung mit sehr großer Dichte. Aus unserer Sicht geht es jetzt darum, auf der reduzierten Fläche ein Quartier mit einer eigenständigen Wohnqualität zu entwickeln, welches positiv in die gesamte Stadtrandsiedlung ausstrahlt. Die Liste der besprochenen Themen war entsprechend lang.

1. Kita
Ein Baugebiet dieser Größe rechtfertigt eine neue Kita schon aus sich selbst heraus. Nach der konservativ gehaltenen Formel der Verwaltung ist mit ca. 50-60 zusätzlichen Kitakindern zu rechnen. Hinzu kommt, dass die Stadt nördlich der Gleise nur eine einzige Kita in Kienberg hat. Da eine wohnortnahe Kitaversorgung auch ein wichtiges Argument zur Vermarktung des Wohnraums ist, hat sich der Vorhabenträger uneingeschränkt bereit erklärt diese Kita in sein neues Quartier mit einzuplanen.

2. Bürgerpark
Ein größerer Grünzug war ursprünglich auf Flächen geplant, die aktuell nicht weiter verfolgt werden können. Unser Vorschlag stattdessen den waldreichen ehemaligen Bürgerpark unmittelbar gegenüber von dem geplanten Baugebiet bis zum Kanal aufzuwerten, wurde im Grundsatz akzeptiert. Dies wird aber nicht ohne Zustimmung des Bürgermeisters gehen. Wir sind gespannt, wie sich die Verwaltung im Bauausschuss am 17.03.2022 dazu positionieren wird.

3. Spiel- und Freizeitflächen
Bei dem jetzt anstehenden Neuzuschnitt der Planungen soll ein größerer offener Platz im Quartier entstehen. Um diesen Platz herum werden gewerbliche Angebote und soziale Infrastruktur konzentriert. Gesetzt ist u.a. ein größerer Spielplatz. Insgesamt achtet man bei der Überarbeitung jetzt stärker auf Spielangebote auch in anderen Bereichen.

4. Soziale Räume
Angedacht wurde u.a. ein im Grundsatz öffentlicher Raum, wo sich die Menschen in der Stadtrandsiedlung begegnen können. Auch ein Jugendclub wurde von den Investoren ins Spiel gebracht.

5. Gewerbe
Einigung wurde darüber erzielt, dass einige kleinere Gewerbeeinheiten das Plangebiet aufwerten können. Diskutiert wurden u.a. Räume für Bäcker, Physiotherapie, Arzt, Kiosk, Büros und Co-Working-Spaces, Gastronomie. Hier wird es auch spannend werden, was gegebenenfalls noch an Ideen und Wünschen aus der Einwohnerschaft kommt.

6. Sozial vergünstigter Wohnraum
Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums [*] ist zentrales Anliegen der Fraktion WIR FÜR NAUEN. Hier geht es immer direkt ins Geld und in die Rendite der Investoren und dementsprechend zäh laufen solche Verhandlungen. Da hilft nur eine klare und eindeutige Kommunikation: Ohne vergünstigten neuen Wohnraum keine Zustimmung. Die Botschaft ist angekommen, die Planer werden sich bis zur Vorlage des neuen Entwurfes etwas einfallen lassen (müssen). In Berlin ist eine vertragliche Sozialbindung von Teilflächen neuen Wohnraums übrigens längst Standard.

7. Dichte & Höhe
Über die erlaubte Dichte und Höhe definiert sich die maximale Bebauung und damit der mögliche Gewinn eines Projektes. Die extrem hohe Dichte der Gebäudekörper sollte reduziert werden. Allerdings verursacht vieles von dem, was der Allgemeinheit zu Gute kommen soll, auch harte zusätzliche Kosten beim Vorhabenträger. Am Ende muss es neben der wirtschaftlichen Darstellbarkeit, aber vor allem eine grundsätzliche Akzeptanz in der Stadtrandsiedlung und ein stimmiges Konzept zur Ausgestaltung eines lebendigen Bahnhofsquartiers geben. Unter diesen Vorraussetzungen sind wir bereit, noch einmal im Detail zu prüfen, ob an der ein oder anderen Stelle in Sachen Höhe noch Spielraum existiert, denn das Plangebiet ist hauptsächlich von Gewerbe umgeben und die eigentliche Siedlung ist vergleichsweise weit weg. 

Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass eine sinnvolle Entwicklung im nördlichen Bahnhofsbereich möglich ist. Allerdings stellt sich uns die Frage, wieso die Verwaltung ein solches Gespräch nicht längst geführt hat und warum wir als ehrenamtliche Politiker jetzt nach Feierabend die Arbeit des Bürgermeisters erledigen müssen.

Raimond Heydt